Geschichte

GESCHICHTE

 

Dorste im Wandel der Jahrhunderte

 

Das Sösetal mit seinen fruchtbaren Lößböden bot gute Bedingungen für die Anlage einer Siedlung. Schon vor dem Jahr 1000 entstand das Dorf Dorste, auch wenn die ältesten Urkunden, die von dieser Siedlung berichten, jüngeren Datums sind. Durch den Ort führten und führen mit der Verbindung Leinetal - Katlenburg - Osterode und dem Fahrweg durch das Sösetal in Richtung Förste / Seesen überregional bedeutsame Straßen. Dorste gehörte seit dem 12. Jahrhundert zum Herrschaftsbereich der Welfen. Die Grundherrschaft hatten verschiedene Adelsfamilien und Klöster inne. So verfügten die Familien von Dyke und von Hoyer im 15. Jahrhundert über Besitzungen in und bei Dorste.
Nach dem Aussterben dieser Adelsgeschlechter im 15. Jahrhundert konnten ab 1470 die von Leuthorst einen Teil dieser vakanten Güter als Lehen der Grubenhagener Herzöge empfangen. Das Michaelskloster in Hildesheim besaß einige Höfe in Dorste, die Stifte St. Alexandri und St. Mariae in Einbeck und das benachbarte Kloster Katlenburg erhielten Abgaben aus dem Dorf. Nach dem Aussterben der Herzöge von Braunschweig-Grubenhagen im Jahr 1596 entbrannte ein langjähriger Streit innerhalb des Welfenhauses um deren Erbschaft. Während die Wolfenbüttler Herzöge das Fürstentum besetzt hielten, versuchte die in Celle residierende Linie der Welfen vor kaiserlichen Gerichten ihre Erbansprüche auf Grubenhagen durchzusetzen. Erst 1617 endete der Erbstreit mit der Herausgabe des Fürstentums Grubenhagen durch die Wolfenbüttler an die Celler Linie des Welfenhauses. "Weil derselbe ihm und seinem Bruder Ernst 20 Jahre treulich gedient und Inbesonderheit die Grubenhagensche Successionssache als darin bestallten Advocatus zum Beschluss gebracht" belehnte 1618 der in Celle residierende Herzog Christian von Braunschweig seinen Kanzler Dr. Erich Hedemann mit einem Gutshof in Dorste, dem sieben weitere Bauernhöfe angehörten. Dieses Gut war vorher im Besitz der Familie des Kanzlers Dr. Johann Jagemann gewesen, der die Grubenhagener Erbschaftssache für seinen Wolfenbüttler Landesherrn vertreten hatte.

Im Dreißigjährigen Krieg (1618 - 1648) wurde auch Dorste weitgehend zerstört. Plünderungen und Kontributionen ließen die Einwohner verarmen. Gewalttagen durchziehender Truppen und schließlich auch die Pest dezimierten die Bevölkerung. Die Familie von Hedemann, die um 1650 die Wiederverleihung ihres Adelstitels beim Kaiser erreicht hatte, konnte ihre Besitzungen in Dorste im 17. Jahrhundert erheblich vergrößern. So konnte z. B. die Dorster Papiermühle, die bereits 1619 die Papierproduktion aufgenommen hatte, 1646 durch die von Hedemanns angekauft werden. Im August 1698 verkaufte der Rittmeister Friedrich Heinrich von Leuthorst sein adeliges Gut in Dorste, das in der Nähe der Kirche lag, an den Oberst Johann Georg von Hedemann. Mitte des 18. Jahrhunderts besaßen die von Hedemanns zwei große Meierhöfe und 27 kleinere Bauernhöfe in Dorste. Die Pächter ihrer Höfe waren zu Naturalabgaben, Geldabgaben und sogenannten Diensten, also Arbeitsleistungen, verpflichtet. Der Reichtum der Adelsfamilie erlaubte es, ein großes, schlossartiges Gutshaus (1928 abgebrannt) mit ausgedehnten Parkanlagen zu unterhalten. Im Dorster Kirchturm fanden zwischen 1708 und 1859 insgesamt 25 Mitglieder der Familie von Hedemann ihre letzte Ruhestätte. Die Landwirtschaft blieb bis Mitte des 20. Jahrhunderts der Haupterwerbszweig der Dorster. Besondere Bedeutung hatte früher die Schafzucht, viele Höfe bauten auch Flachs an, der meist auch im Ort weiterverarbeitet wurde. Einige der in Dorste ansässigen Handwerker stellten Gerätschaften her, die in der Landwirtschaft Verwendung fanden (Stellmacher, Sattler, Böttcher). Andere Handwerker produzierten entweder Dinge des täglichen Bedarfs (z. B. Bäcker, Schuster, Schneider) oder waren als Bauhandwerker tätig. Daneben bot die Forstwirtschaft und in früherer Zeit auch die Holzflößerei Möglichkeiten, den Lebensunterhalt zu bestreiten. Die Papiermühle und zwei Mahlmühlen im Ort nutzten die vorhandenen Wasserkräfte aus.
Im 19. Jahrhundert kam es durch die Ablösung und Verkopplung zu einer grundlegenden Neuordnung der Landwirtschaft in Dorste. Jahrhundertelang waren die einzelnen Bauern von ihren adeligen oder geistlichen Grundherren abhängig. Sie mussten hohe Abgaben leisten und waren zur Ableistung zahlreicher Dienste verpflichtet. Außerdem hatte der Grundherr die Möglichkeit, ihm missliebige Bauern von den Höfen zu verjagen. Die verschiedenen Abgaben und Dienste wurden in Dorste ab 1833 schrittweise abgelöst, d. h. durch hohe Geldzahlungen konnten sich die Bauern die Aufhebung der grundherrlichen Lasten erkaufen. Die dienstpflichtigen Meier- und Kothöfe wurden dadurch in freie Bauernstellen umgewandelt. Die dafür notwendigen Gelder konnten als langfristige Kredite bei der Hannoverschen Landeskreditanstalt aufgenommen werden. Die letzen Raten der Ablösungskredite wurden in Dorste erst 1914 bezahlt. Die Familie von Hedemann kam im Laufe des 19. Jahrhunderts zunehmend in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Der aufwendige Lebensstil, der Verlust von Einnahmequellen durch die Ablösung und schließlich im Jahr 1858 der Bankrott des Celler Bankhauses Hostmann, das große Summen der Familie von Hedemann verwaltete, hatten diese Entwicklung herbeigeführt. Der jüngere Bruder des Gutsherrn von Hedemann konnte als Hofmarschall der Königin Marie von Hannover seinen Einfluss geltend machen und das Stiftsgut Northeim für eine sehr günstige Pacht auf seine Familie übertragen. Doch als der Hofmarschall von Hedemann wenig später Gelder der Königin unterschlug und dafür ins Zuchthaus geworfen wurde, hatte die Dorster Adelsfamilie keine Möglichkeit mehr, ihr Stammgut zu halten. 1860 verpachtete man den Dorster Edelhof zunächst, 1876 musste die Familie von Hedemann das Gut für 120.000 Taler an den Kaufmann Friedrich Ohlmer verkaufen, der auch sämtlich auf dem Hof lastenden Schulden übernehmen mußte. 1882 erwarb schließlich die Gemeinde Dorste den Adelshof, um seine Grundstücke in die Verkoppelungsmasse aufzunehmen. Zwischen 1878 und 1884 erhielten die landwirtschaftlich genutzten Flächen der Dorster Feldmark in einem sogenannten Teilungs- und Verkopplungsverfahren einen neuen Zuschnitt. Die Allmendeflächen, die bislang von allen Gemeindeberechtigten genutzt wurden, verteilte man dabei auf die einzelnen Höhe. Viele Felder und Weiden, die durch Erbteilungen in sehr kleine Parzellen unterteilt worden waren, legte man nunmehr zu größeren und besser zu bewirtschaftenden Flächen zusammen. Ablösung, Teilung und Verkopplung hatten die Dorster Landwirtschaft im Laufe des 19. Jahrhunderts auf eine moderne Grundlage gestellt. Es gab im Dorf sehr viele erfolgreich wirtschaftende Höfe, so dass Dorste im Kreis Osterode in jener Zeit als besonders wohlhabende Gemeinde galt. Der verstärkte Rübenanbau ab etwa 1880 und der Anbau von Frühkartoffeln ab etwa 1890 begünstigten die wirtschaftlichen Erfolge der landwirtschaftlichen Betriebe. Die Gründung einer Molkerei 1895, die bis 1943 bestand, der Beginn der Stromversorgung 1910 und die Errichtung eines neuen Schulhauses 1911 weisen auf die erfolgreiche Entwicklung des Dorfes bis zum ersten Weltkrieg hin. Auch in den Krisenjahren der Weimarer Republik bleiben die meisten Dorster von existenzbedrohender Not verschont, da sie als Landwirte oder Nebenerwerbslandwirte ihre Nahrungsmittelversorgung aus eigener Kraft sicherstellen konnten. Während die bürgerlichen Parteien bis Ende der 20er Jahre bei Wahlen meist die Mehrheit der Dorster Stimmen auf sich vereinigten, konnten die Nazis seit 1930 die Wahlen in Dorste für sich entscheiden. Auch nach dem 2. Weltkrieg blieb die Landwirtschaft zunächst noch der Haupterwerbszweig der Bevölkerung. Mit der Eingliederung der Flüchtlinge, die Einwohnerzahl wuchs von 1368 im Jahr 1939 auf 2067 im Jahr 1952, änderte sich die Bevölkerungsstruktur des Ortes. Für die Zuwanderer standen im Dorf nur wenige Arbeitsplätze zu Verfügung. Gleichzeitig verringerte sich der Arbeitskräftebedarf durch den Wandel in der Landwirtschaft. Immer mehr Einwohner Dorstes waren daher gezwungen, als Pendler in anderen Orten - insbesondere in der Industriestadt Osterode - Arbeit anzunehmen. Industriearbeitsplätze im Bereich des Dorfes bot lediglich das 1949 gegründete Gipswerk am Lichtenstein. 1972 wurde Dorste in die Stadt Osterode am Harz eingemeindet. Die Flurbereinigung 1975 - 1978 führte zu einer Neuordnung der Wirtschaftsflächen sowie des Wege- und Gewässernetzes. In der Ortschaft leben heute 1687 Einwohner (Stand 1996).